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Paul Auster
Die New-York-Trilogie
Stadt aus Glas / Schlagschatten / Hinter verschlossenen Türen
Rowohlt, 2012
Was ist drin?
Zwischen Wirklichkeit und Fiktion, Alltag und Wahnsinn.
- Roman
- Postmoderne
Worum es geht
Ein Paradebeispiel der Postmoderne
Die New-York-Trilogie erschien 1987 und machte Paul Auster über Nacht zu einem der wichtigsten amerikanischen Autoren der Gegenwart. Mit der Trilogie hatte Auster seinen eigenen, unverkennbaren Stil gefunden: schlicht und kühl erzählte, packende Detektivgeschichten mit existenzialistischer Unterströmung und einer stets unheilschwangeren Atmosphäre. Der coole Ton und der leichtfüßige Wechsel zwischen Unterhaltungs- und anspruchsvoller Literatur machen die New-York-Trilogie zu einem Paradebeispiel für postmoderne Literatur. Außerdem ist das Werk eine Ode an die Großstadt New York und die unbegrenzten Möglichkeiten, sich in ihr zu verlieren.
Take-aways
- Mit der New-York-Trilogie wurde der US-Schriftsteller Paul Auster weltberühmt.
- Inhalt: Ein Krimi-Autor übernimmt einen Detektivauftrag und verfällt dabei dem Wahnsinn. Ein Privatdetektiv zerbricht an einem Beschattungsauftrag, der sich als Illusion herausstellt. Ein Verleger sucht den tot geglaubten Jugendfreund, mit dessen Frau er verheiratet ist.
- Die New-York-Trilogie gilt als Paradebeispiel eines postmodernen Romans.
- Hauptthema sind die Zerbrechlichkeit von Realität und Identität sowie die Ununterscheidbarkeit zwischen Wirklichkeit und Fiktion.
- Paul Austers Romane zeichnen sich durch eine schlichte und kühle Sprache, düstere Atmosphäre und Stilmittel des Kriminalromans aus.
- Die Trilogie ist eine Hommage an Paul Austers Wahlheimat New York.
- Sie erschien 1987 und wurde ein Kassenschlager.
- Die drei Teile der Trilogie wurden bereits 1985/86 einzeln in den USA veröffentlicht, fanden aber kaum Beachtung.
- Der Erfolg der New-York-Trilogie beendete Austers jahrelange Geldnöte.
- Zitat: „Mit einer falschen Nummer fing es an, mitten in der Nacht läutete das Telefon dreimal, und die Stimme am anderen Ende fragte nach jemandem, der er nicht war.“
Zusammenfassung
Stadt aus Glas
Daniel Quinn hat Frau und Sohn verloren. Seitdem lebt er zurückgezogen in New York und schreibt Detektivromane, von denen er recht gut leben kann. Ansonsten streunt er durch die Straßen New Yorks. Eines Nachts klingelt das Telefon. Jemand fragt nach einem gewissen Paul Auster. Als sich der mysteriöse Anruf später wiederholt, wird Quinn neugierig und gibt vor, Auster zu sein. Die Person – ob Mann oder Frau, ist unklar – behauptet, sie werde verfolgt und fürchte um ihr Leben. Sie lädt Quinn für den nächsten Morgen zu sich nach Hause ein.
Dort trifft Quinn auf Peter Stillman und seine Frau Virginia Stillman. Der ganz in Weiß gekleidete, weißhaarige Peter hält Quinn einen wirren Vortrag. Als er endet, ist es bereits dunkel geworden. Danach verabschiedet er sich. Nun erzählt Virginia Quinn von Peters traumatischer Vergangenheit: Sein Vater war ein erfolgreicher Universitätsprofessor. Doch dann starb seine Frau und er wurde verrückt. Er sperrte den jungen Peter neun Jahre lang in ein dunkles Zimmer. Erst als ein Feuer ausbrach, wurde er befreit. Peters Vater landete in der Psychiatrie, Peter kam in eine Klinik, wo Virginia seine Sprechtherapeutin wurde. Um ihn dort herauszuholen, heiratete sie ihn. Bald soll nun auch Peters Vater aus der Psychiatrie entlassen werden. In Briefen hat er angekündigt, seinen Sohn töten zu wollen. Quinn soll ihn daher beschatten.
„Mit einer falschen Nummer fing es an, mitten in der Nacht läutete das Telefon dreimal, und die Stimme am anderen Ende fragte nach jemandem, der er nicht war.“ (S. 9)
Vater Stillman kommt an der Grand Central Station an. Dort heftet sich Quinn an seine Fersen. Zwei Wochen lang beschattet er den Alten, der anscheinend ziellos die Gegend rund um seine schäbige Absteige durchkämmt. Er sammelt Müllstücke von der Straße auf und nimmt sie mit auf sein Zimmer. Hier und da macht er sich Notizen. Auch Quinn beginnt, genaue Notizen über die Wege des Alten anzufertigen. Dabei zerstreuen sich bald seine anfänglichen Befürchtungen. Offenbar ist Peters Vater völlig verwirrt — und harmlos. Doch Virginia bittet Quinn, dennoch dranzubleiben.
Bei nächster Gelegenheit spricht Quinn den Alten an. Der erzählt, er sei auf einer Mission, um die Menschheit zu retten. Er erfinde gerade eine neue Sprache, mit deren Hilfe sich die Menschheit in dieser zerrütteten Welt wieder zurechtfinden könne. Dazu müsse er kaputte Gegenstände sammeln und ihnen neue Namen geben. Seine Ergebnisse will er schon bald veröffentlichen. Am nächsten Tag spricht Quinn ihn noch zweimal an. Der alte Stillman erkennt ihn jedoch nicht wieder. Beim dritten Treffen stellt sich Quinn sogar als Peter Stillman vor – doch der Alte scheint schon so verloren in seinem Wahn, dass er kaum Emotionen zeigt, obwohl er Quinn für seinen Sohn hält. Dann verliert Quinn völlig unerwartet seine Spur. Der Alte hat seine Absteige plötzlich verlassen.
„Quinn war nun nirgendwo. Er hatte nichts, er wusste nichts, er wusste, dass er nichts wusste. Er war nicht nur zum Anfang zurückgeschickt worden, er stand noch vor dem Anfang und so weit vor dem Anfang, dass es schlimmer war als irgendein Ende, das er sich vorzustellen vermochte.“ (S. 140)
Nun sucht Quinn nach dem echten Paul Auster. Im Telefonbuch findet er dessen Adresse. Doch leider ist dieser Paul Auster nicht Privatdetektiv, wie Quinn gehofft hat, sondern Schriftsteller. Und von den Stillmans hat er auch noch nie gehört. Frustriert versucht Quinn, Virginia zu erreichen, aber deren Telefonanschluss ist ständig besetzt. Also postiert er sich in einer Seitengasse vor Peters Wohnung, um diesen Tag und Nacht zu observieren. Wochen vergehen, in denen Quinn seinen Posten kaum verlässt. Nur spät nachts schleicht er sich davon, um Essen zu kaufen. Ansonsten haust er in der engen, dreckigen Seitengasse, wo ihm Mülltonnen Schutz vor Regen bieten und er zur Unterhaltung den Himmel beobachtet. Dann geht ihm das Geld aus.
Quinn erinnert sich, dass Virginia ihm einen Scheck über 500 Dollar ausgestellt hat – oder besser: an Paul Auster. Der hatte ihm dann angeboten, den Scheck für ihn einzulösen. Also ruft Quinn ihn an – und erfährt Ungeheuerliches: Der Scheck ist geplatzt und der alte Stillman ist schon vor Wochen von der Brooklyn Bridge gesprungen. Es stand in allen Zeitungen. Verwirrt trottet Quinn in seine Wohnung zurück, nur um festzustellen, dass diese bereits weitervermietet worden ist. Also steuert er die Wohnung der Stillmans an, die er offen und leer geräumt vorfindet. Er wirft seine Kleider weg, schließt sich in der Wohnung ein und tut nichts mehr, als in seinem Notizbuch zu schreiben. Später sucht Paul Auster mit einem Freund diese Wohnung auf – und findet nur noch das vollgeschriebene Notizheft.
Schlagschatten
Blue ist Privatdetektiv. Als White ihn beauftragt, Black zu überwachen, sagt er zu – auch wenn ihm auffällt, dass White geschminkt ist und sich offenkundig verstellt. Alles, was White verlangt, ist: jede Woche einen Bericht, in einem Schließfach hinterlegt. Blue verabschiedet sich telefonisch von seiner Geliebten, verschließt sein Büro und macht sich auf den Weg. In Brooklyn findet er eine neu eingerichtete Wohnung vor. Vom Fenster aus kann er direkt in Blacks Wohnung blicken. Es ist Februar 1947.
„Zunächst ist Blue da. Später kommt White und dann Black (…). Der Ort ist New York, die Zeit ist die Gegenwart, und weder das eine noch das andere wird sich jemals ändern.“ (S. 181)
Die Tage vergehen. Black sitzt die meiste Zeit am Schreibtisch und schreibt oder liest. Ab und zu geht er spazieren oder einkaufen. Blue beginnt bald, sich zu langweilen. Er denkt viel über den Fall nach, über sich selbst und seine Geliebte, die er zwar gern anrufen würde – doch aus unerfindlichen Gründen tut er es nie. Er verfasst zahllose Notizen. Aber als es Zeit für seinen ersten Bericht wird, merkt er, dass seine Aufzeichnungen wertlos sind: Black hat ja praktisch nichts unternommen. Trotzdem erhält Blue pünktlich seine Schecks. White ist offenbar zufrieden. Eines Tages unternimmt Black einen ausgedehnten Spaziergang bis nach Manhattan. Dort trifft er eine Frau zum Essen. Blue beobachtet das Paar: Black wirkt traurig und die Frau weint offenbar. Erlebt Blue gerade das Ende ihrer Beziehung? Nach dem Essen nehmen die Frau und Black getrennte Taxis – Blue folgt Black, der nach Hause fährt. Er trifft die Frau nicht wieder.
Black nimmt seine endlose, ereignislose Routine wieder auf – und Blue verlässt immer öfter seinen Posten. Er geht ins Kino oder zum Baseball, trinkt in der Eckkneipe Bier oder vergnügt sich mit einer Prostituierten. Von Zeit zu Zeit denkt er an seine Geliebte. Und eines Tages, während eines Spaziergangs, läuft sie ihm sogar zufällig über den Weg – Arm in Arm mit einem neuen Mann. Als sie Blue sieht, beschimpft sie ihn und schlägt wild auf ihn ein. Ehe Blue sich fassen kann, hat ihr neuer Liebhaber sie bereits weitergezerrt. Blue bleibt völlig verwirrt und tieftraurig zurück.
Immer mehr irritiert ihn, dass er von White nie auch nur die geringste Rückmeldung erhält. Er lauert ihm bei dem Schließfach auf, in das er seine Berichte legt. Dort taucht ein maskierter Mann auf, mutmaßlich White, und holt den Umschlag ab. Doch dann bemerkt er Blue und türmt. Mit dem nächsten Scheck kommt eine kleine Notiz: „Keine komischen Sachen mehr.“
Blue beschließt, Black anzusprechen. Dazu verkleidet er sich als Vagabund. Black fasst schnell Vertrauen und erzählt ihm eine lange Abfolge von Anekdoten aus dem Leben berühmter Schriftsteller. Blue wird unsicher, ob Black nicht die ganze Zeit weiß, wer er ist. Es scheint so, als spreche Black in Rätseln mit ihm — doch was will er ihm sagen? Einige Zeit später trifft er Black in einer Bar. Black erzählt ihm, er sei Privatdetektiv. Sein aktueller Fall sei tödlich langweilig, da er seit über einem Jahr jemanden beschatte, der rein gar nichts tue, außer zu schreiben.
„Meine Arbeit besteht darin, jemanden zu beobachten, niemand besonderen, soweit ich das beurteilen kann. Jede Woche muss ich einen Bericht über ihn einschicken. Nur das. Diesen Kerl beobachten und über ihn schreiben. Und das ist, verdammt noch mal, alles.“ (S. 240)
Blue wird immer nervöser. Er will, dass Bewegung in die Sache kommt. Er verkleidet sich als Vertreter, um Blacks Wohnung auszuspionieren. Black erzählt ihm bei dieser Gelegenheit, er sei Schriftsteller und arbeite an einem großen Buch. Kurz darauf bricht Blue in Blacks Wohnung ein und stiehlt dessen Manuskripte. Entsetzt stellt er fest, dass die Papiere auf Blacks Schreibtisch seine eigenen Berichte an White sind. Er gibt auf. Und er ist überzeugt, dass auch Black dieser Geschichte überdrüssig ist. Noch am selben Abend sucht er Black auf, um reinen Tisch zu machen. Doch Black erwartet ihn mit einem Revolver in der Hand und mit derselben Maske vor dem Gesicht, die der Mann beim Schließfach trug. Er verkündet Blue, dass er ihn nun nicht mehr braucht und deshalb erschießen wird. In Todesangst schlägt Blue auf Black ein und lässt ihn schwer verwundet in der Wohnung zurück. Er nimmt die Manuskripte mit, liest sie in seinem Zimmer zu Ende – und verlässt seine Wohnung für immer.
Hinter verschlossenen Türen
Der Erzähler hatte schon seit zehn Jahren keinen Kontakt mehr zu seinem Jugendfreund Fanshawe. Umso überraschter ist er, als ihn dessen Ehefrau Sophie anruft. Sie bittet ihn, bei ihr vorbeizukommen, es sei wichtig. Fanshawe und der Erzähler sind seit frühester Kindheit befreundet. Ihre Elternhäuser lagen nebeneinander. Sie wuchsen praktisch gemeinsam auf und verbrachten bis in die Teenagerjahre viel Zeit miteinander. Fanshawe war ein sehr beliebter, in sich ruhender Junge, der immer der Beste war – ob im Sport, in der Schule oder in puncto Aussehen. Nun erzählt Sophie, dass ihr Mann seit sechs Monaten spurlos verschwunden ist. Sie hat einen gewissen Quinn beauftragt, Fanshawe zu finden, jedoch ohne Erfolg. Sophie und der Erzähler sind sich schnell einig, dass Fanshawe tot sein muss. Er ist nicht der Typ, der sich einfach davonstiehlt. Noch dazu, wo Sophie und er einen Sohn erwarten.
„Es scheint mir jetzt, dass Fanshawe immer da war. Er ist der Ort, an dem alles für mich beginnt, und ohne ihn würde ich kaum wissen, wer ich bin.“ (S. 263)
Sophie erzählt, Fanshawe habe seinen Kinderfreund nie vergessen und habe immer viel von ihm gehalten. Fanshawe selbst habe viel geschrieben, sei aber zu schüchtern gewesen, um seine Werke zu veröffentlichen. Es sei sein Wille gewesen, dass sein Kindheitsfreund nun seine Schriften beurteilen soll: Wenn er sie für würdig befinde, solle er sie veröffentlichen, andernfalls aber verbrennen.
Zu seiner Erleichterung stellt der Erzähler schnell fest, dass Fanshawes Romane, Theaterstücke und Gedichte sensationell gut sind. Ohne große Mühe findet er einen Verlag. Fanshawes Werke werden ein Riesenerfolg, vor allem der Roman Niemalsland. Aufgrund seiner Herausgeberschaft hat der Erzähler viel Kontakt zu Sophie. Er ist froh darüber, denn er fühlt sich zu ihr hingezogen. Schon bald beginnen sie eine Liebesbeziehung und heiraten schließlich.
Doch über dem Eheglück hängt Fanshawes Schatten. Da sind einerseits hartnäckige Gerüchte, dass der Schriftsteller Fanshawe in Wirklichkeit gar nicht existiert, sondern bloß eine Erfindung seines vermeintlichen Entdeckers ist. Und dann ist da noch der Brief, den der Erzähler von Fanshawe erhält. Der ist am Leben und zeigt sich zufrieden mit den Veröffentlichungen. Er gibt Sophies neuer Ehe seinen Segen und betont, er wolle nicht gefunden werden. Der Brief zieht dem Erzähler den Boden unter den Füßen weg. Er traut sich nicht, Sophie davon zu berichten, und verbeißt sich immer mehr in die Frage, wo Fanshawe steckt und warum er seine Familie verlassen hat.
Der Erzähler beschließt, eine Biografie über Fanshawe zu schreiben, um den Gerüchten über dessen Identität ein für allemal ein Ende zu setzen. Insgeheim erhofft er sich, Fanshawe im Zuge der Nachforschungen für dieses Buch zu finden und ihn zur Rede stellen zu können. Doch seine Lage wird nur noch schwieriger. Um an Fanshawes Briefe und Notizbücher zu gelangen, besucht er mehrmals dessen Mutter. Zwischen den beiden entwickelt sich schnell eine wilde Affäre. Nun hat er so viele Geheimnisse vor Sophie zu verstecken, dass er sich immer mehr in sich selbst zurückzieht und sich von ihr entfremdet. Er ist ganz von der Aufgabe besessen, Fanshawes Spuren zu verfolgen, ehemalige Weggefährten ausfindig zu machen und sie zu treffen.
Bevor er nach Paris fliegt, um dort weiterzusuchen, macht Sophie ihm eine Szene: Der zwanghafte Fokus auf Fanshawe werde diesen zum Leben erwecken – und damit ihre Ehe ruinieren. Inständig bittet Sophie ihren Mann, die Arbeit an der Biografie aufzugeben – ohne Erfolg.
„Ich riss eine Seite nach der anderen aus dem Notizbuch, zerknüllte sie mit der Hand und warf sie in einen Abfalleimer auf dem Bahnsteig. Ich kam bei der letzten Seite an, als der Zug gerade abfuhr.“ (S. 415)
In Paris verliert der Erzähler sich völlig auf der Jagd nach dem Phantom Fanshawe. Er trinkt zu viel und glaubt während eines seiner vielen Bordellbesuche, Fanshawe entdeckt zu haben. Natürlich ist es eine Verwechslung, der Mann nennt sich Peter Stillman. Doch in seinem Wahn stellt der Erzähler dem vermeintlichen Fanshawe so lange nach, bis dieser ihn brutal zusammenschlägt. Das ist sein Weckruf. Er kehrt nach New York zurück und schafft es unter großer Anstrengung, seine Ehe wieder einzurenken. Die Biografie gibt er auf.
Einige Jahre später meldet sich Fanshawe mit einem zweiten Brief. Die beiden treffen sich in einem leeren Haus in Boston, wo Fanshawe sich mit einem Revolver bewaffnet hinter einer Tür versteckt und seinen Freund anweist, ein rotes Notizbuch an sich zu nehmen. Darin habe er die Beweggründe für sein Handeln dargelegt. Er wolle sich bald das Leben nehmen. Auf dem Heimweg liest der Erzähler das Buch, kann aber keinerlei roten Faden oder Sinn darin finden. Er reißt die Seiten heraus und wirft sie weg.
Zum Text
Aufbau und Stil
Die New-York-Trilogie besteht aus den drei Romanen Stadt aus Glas, Schlagschatten und Hinter verschlossenen Türen. Alle drei zeichnen sich aus durch eine klare, direkte, aber dennoch elegante Sprache, eine kühl distanzierte Erzählperspektive – ob in der ersten oder der dritten Person – sowie eine dichte, unheilschwangere Atmosphäre. Die Romane sind packende Lektüren und lassen den Leser zugleich ratlos zurück. Das ist durchaus gewollt. Ist doch das Hauptthema die Unsicherheit der menschlichen Identität und die Brüchigkeit der Alltagsrealität. Die meisten der Charaktere beginnen in einem gefestigten Leben, verlieren dann aber allmählich den Halt. Auch die Mischung verschiedener Literaturgattungen und Erzählperspektiven trägt zur Verwirrung bei. Spielerisch wechselt Auster zwischen Stilmitteln des Kriminal- oder Detektivromans, der autobiografischen Bekenntnisliteratur oder sprachphilosophischen, existenzialistischen Abhandlungen.Die Romane Paul Austers gelten als typische postmoderne Literatur, da sie sich bewusst mit den Konventionen der benutzten Stile auseinandersetzen und mit Publikumserwartungen spielen. Dabei bleibt Auster aber insofern ein traditioneller Erzähler, als er den Spannungsbogen der Handlung über alles stellt. Stilistische Feinheiten und sprachliche Blüten sind bei ihm niemals Selbstzweck, sondern stehen immer im Dienst der Geschichte.
Interpretationsansätze
- Die New-York-Trilogie bedient sich der Stilmittel des Detektiv- oder Mystery-Romans. Doch während diese im Krimi dazu benutzt werden, eine zunächst verborgene Wirklichkeit zu enthüllen, nutzt Auster sie auf eine Weise, die das Vertrauen des Lesers, dass die Wirklichkeit so ist, wie sie erscheint, unterwandert.
- Ein Hauptmotiv der Romane ist die Destabilisierung oder gar der Verlust von Identität. Die Charaktere wandeln auf dem schmalen Grat zwischen Normalität und Wahnsinn. Es bleibt oft unklar, wo die Vorspiegelung endet und wo der echte Charakter einer Person beginnt.
- Kritiker bemerkten in Austers Romanen eine existenzialistische Grundstimmung, untergründige Empfindungen von Trauer, Verlust und Vergänglichkeit.
- Auster interessiert sich besonders für die biografische oder autobiografische Darstellung von Lebenswegen. Der erzählerische Kern gibt meist den Werdegang und die Entwicklung einer Person wieder, insbesondere die Rolle des Zufalls in dieser Entwicklung.
- Ein zentrales Thema der Romane ist das Leben in der modernen Großstadt, insbesondere in New York. Auster beschreibt dabei vor allem die Erfahrung von Anonymität, Einsamkeit und Identitätsverlust in der modernen Megacity.
Historischer Hintergrund
Große Veränderungen
Die 1980er-Jahre standen im Zeichen des Kalten Krieges. Der Wettstreit zwischen Kapitalismus und Kommunismus prägte die Weltpolitik. Doch beide Machtblöcke standen vor großen Veränderungen. In der Sowjetunion waren die Staatsschulden explodiert und die Schwächen der Planwirtschaft offensichtlich geworden. Ab 1980 demonstrierten in Polen die Massen für Pressefreiheit, freie Gewerkschaften und freie Wahlen. Das politische Tauwetter wurde durch Michail Gorbatschow unterstützt. Als Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion vollzog er die außenpolitische Wende hin zu einer Annäherung an den Westen und zu Abrüstung. Innenpolitisch setzte er mit den Projekten Perestroika (Umbau) und Glasnost (Offenheit) umfassende Reformen in Gang – ohne zu wissen, dass er damit das Ende der Sowjetunion einleitete. Der schwere Unfall im Atomreaktor Tschernobyl 1986 wurde international als Symbol für den maroden Zustand Russlands angesehen.
In Westeuropa und den USA endete die Ära der Sozialdemokratie. Erstmals seit 1950 stagnierte die Wirtschaft. Armut und Arbeitslosigkeit stiegen an. Mit Margaret Thatcher und Ronald Reagan übernahmen Konservative die Macht. Sie führten eine neue Wirtschaftsdoktrin ein, die auf Privatisierung, Abbau des Wohlfahrtsstaates und Deregulierung setzte: den Neoliberalismus. Außerdem wurde nun das Innovationspotenzial von Computern und Internet immer klarer. Auch im Westen schien ein neuer historischer Abschnitt zu beginnen. Optimismus und der Fortschrittsglaube der Wirtschaftswunderzeit waren versiegt. Die Zukunft war ungewiss.
Entstehung
Die 1970er-Jahre waren für Paul Auster eine schwierige Zeit. Seine erste Ehe scheiterte ebenso wie seine Bemühungen, als Dichter anerkannt zu werden. Zudem plagten ihn existenzielle Geldnöte. Erst 1979 endete die Durststrecke – mit dem Tod seines Vaters. Das geerbte Vermögen bereitete den Geldsorgen vorerst ein Ende, sodass Auster sich anstelle von Auftragsarbeiten auf eigene literarische Werke konzentrieren konnte. Gleichzeitig ließ die Verarbeitung seiner Trauer Auster seine literarische Stimme entdecken. Die Erfindung der Einsamkeit von 1982 war der erste Niederschlag dieses Wandels. Die Themen und den Stil, die er hier fand, sollte er in den nächsten Jahren perfektionieren. Sie prägten auch Die New-York-Trilogie.
Was Auster zu dieser Zeit am meisten beschäftigte, war das Mysteriöse im Alltäglichen. Er war fasziniert davon, wie stabile Lebenswege plötzlich durch kleine, zufällige Ereignisse aus der Bahn geworfen werden konnten. Um dieses Thema literarisch zu erkunden, setzte Auster in der New-York-Trilogie Stilmittel des Detektivromans ein, ging jedoch weit über die Grenzen dieses Genres hinaus. In einem Interview gestand er 1987, dass Stadt aus Glas eine Hommage an seine erste Frau sei. Auster wollte in einer fiktionalisierten Pseudoautobiografie erkunden, wie sein Leben wohl ausgesehen hätte, wenn er seine erste Frau niemals kennengelernt hätte. Deshalb seien der Hauptcharakter Quinn und er praktisch austauschbar.
Laut Auster dreht sich jeder der drei Romane um ein bestimmtes Motiv. In Stadt aus Glas gibt es den direkten Bezug zum Don Quixote von Miguel de Cervantes und dessen Frage, wo Kreativität endet und wo Wahnsinn beginnt. In Schlagschatten gibt es Bezüge zu Henry David Thoreau und dessen Idee, ein Leben außerhalb der Gesellschaft in mönchischer Einsamkeit zu führen, um zu sich selbst zu finden. Hinter verschlossenen Türen lehnt sich an Nathaniel Hawthorne an, dessen erster Roman Fanshawe heißt.
Wirkungsgeschichte
Stadt aus Glas erschien 1985 bei Sun & Moon Press in den USA. Ein Jahr darauf folgten im selben Verlag Schlagschatten sowie Hinter verschlossenen Türen. Zum großen internationalen Erfolg wurden die drei Romane aber erst, als der Cheflektor des britischen Verlagshauses Faber and Faber, Robert McCrum, sie entdeckte und 1987 als Die New-York-Trilogie veröffentlichte. Das Buch wurde ein Kassenschlager, Paul Auster wurde zur großen literarischen Neuentdeckung und war auch seine Geldsorgen endgültig los. Sein Stil begeisterte die Kritiker wie die Massen. Während Literaturwissenschaftler in Austers Romanen eine geniale Ausgeburt des Poststrukturalismus oder der Dekonstruktion Jacques Derridas erkennen wollten, feierten die Massen das Buch als Krimi – Stadt aus Glas wurde sogar für den Edgar Allan Poe Award, den wohl bedeutendsten Preis für Krimiliteratur, nominiert. Beides ärgerte Paul Auster: Er habe weder die französischen Philosophen studiert, noch wolle er als reiner Krimiautor gesehen werden.
1989 erhielt Die New-York-Trilogie den französischen Kulturpreis für ausländische Literatur. 1994 adaptierten die Illustratoren Paul Karasik und David Mazzucchelli Stadt aus Glas in einer ebenfalls erfolgreichen Graphic Novel. 2017 sorgte eine Theaterfassung für Aufsehen. Der Produktionsfirma „59 Productions“ gelang unter dem Regisseur Duncan Macmillan eine multimediale Inszenierung des Romans, die Kritik, Publikum sowie Paul Auster selbst gleichermaßen begeisterte. Die Trilogie gilt heute als Meilenstein der jüngeren amerikanischen Literatur und als Höhepunkt des postmodernen Romans.
Über den Autor
Paul Auster wird am 3. Februar 1947 in Newark, New Jersey geboren. Schon als Junge liest er wie besessen Bücher. Mit 16 Jahren weiß er, dass er Schriftsteller werden will. Von 1965 bis 1970 studiert er an der Columbia-Universität. In dieser Zeit beginnt er, Literaturkritiken zu veröffentlichen. Nach dem Studium lebt Auster längere Zeit in Paris und hält sich mit Gelegenheitsjobs und Übersetzungen über Wasser. Einige Monate arbeitet er auf hoher See auf einem Öltanker. 1974 kehrt er in die USA zurück und heiratet Lydia Davis. Das Paar bekommt einen Sohn und lässt sich 1979 scheiden. Sein Vorhaben, Dichter zu werden, wird durch eine Schreibblockade gebremst. Erst nach dem Tod seines Vaters löst sich der Knoten: Auster verarbeitet seine Trauer im Prosaband Die Erfindung der Einsamkeit (The Invention of Solitude), mit dem er 1982 erste Aufmerksamkeit erlangt. Ein Jahr zuvor hat er seine zweite Frau kennengelernt: die Dichterin Siri Hustvedt. Das Paar lebt und arbeitet zusammen und hat eine Tochter. Der Durchbruch gelingt Auster 1987 mit der New-York-Trilogie (The New York Trilogy). 1995 kommen die Filme Raucher unter sich (Smoke) und Alles blauer Dunst (Blue in the Face) in die Kinos, zu denen Auster die Drehbücher verfasst hat. 1997 veröffentlicht er seine Autobiografie Von der Hand in den Mund (Hand to Mouth). Weitere Romane festigen seinen Ruf als einer der wichtigsten Autoren der US-amerikanischen Gegenwartsliteratur. Seit Jahrzehnten lebt Auster in Brooklyn und gilt als Chronist New Yorks.
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